- Rainer Stachs »Die Jahre der Entscheidungen« und »Die Jahre der Erkenntnis«
- gebundene Ausgaben mit je über 700 Seiten
- inkl. »Das Schloß« als Hörbuch gelesen von Ulrich Matthes
- 10 CDs: 13 Stunden 20 Minuten
»Erstaunlich: Es gibt keine deutsche Kafka-Biographie. Erstaunlicher: Hier ist sie. Am erstaunlichsten: Sie ist großartig«, schrieb ›Die Zeit‹ bei Erscheinen des ersten Bandes von Reiner Stachs monumentalem Werk zum Leben von Franz Kafka. Der 2002 publizierte Band ›‚Kafka. Die Jahre der Entscheidungen‹ übte auf zahlreiche Leser eine sogartige Wirkung aus. Vor allem der Wechsel zwischen essayistischen und literarischen Passagen, die szenische Vergegenwärtigung, die bisweilen an die Erzählformen des Films erinnert, führt sehr nahe an Kafkas private Existenz und eröffnet zugleich das Panorama seiner Zeit.
Zum Kafka-Jubiläum 2008 – am 3. Juli jährt sich sein Geburtstag zum 125. Male – erscheint der Fortsetzungsband ›Kafka. Die Jahre der Erkenntnis‹, der die Jahre von 1916 bis zu Kafkas Tod 1924 behandelt — eine Zeit, in der Kafkas vertraute Welt unterging, politisch ebenso wie physisch. Er war nun deutscher Jude mit tschechischem Pass, und er litt an einer Krankheit, welche die seit Jahren erträumte literarische Existenz unmöglich machte. Beides steigerte seine Hellsicht: Für Kafka wurden es die Jahre der Erkenntnis.
Mit »Das Schloß« erhalten Sie die Neuproduktion von Kafkas drittem Roman - einfühlsam gelesen von Schauspielstar Ulrich Matthes: Der Versuch des Protagonisten, des Landvermessers K., in das Schloss zu gelangen, schlägt ebenso fehl wie sein Versuch, sich im Dorf, das zum Schloss gehört, anzusiedeln. Je mehr K. sucht, desto weiter entfernt er sich vom Ziel ... Ein Klassiker der Weltliteratur, der einen in einer gefühlskalten und unverständlichen Welt gefangenen Menschen beschreibt, dem materielle Abhängigkeit es unmöglich macht, einen eigenen Weg fernab der ihn krank machenden Gesellschaft zu beschreiten.
Aus dem Gespräch mit Rainer Stach in der FAZ vom 28. Juni 2008
Kennen Sie Kafka besser als er sich selbst?
Auf keinen Fall. Kafka hat sich und seine Strategien in hohem Maße durchschaut. Es ist ja gerade der Dreh, dass er die Selbstinszenierung, die er betreibt, und die Selbsttäuschungen, denen er erliegt, in seinem Werk wiederum thematisiert und dadurch auf eine neue Erkenntnisstufe gelangt. Er macht das Deuten selbst zum Thema: das bohrende Verlangen nach der Aufhellung eines zunächst dunklen Zustands, wozu auch die Verfassung der eigenen Psyche gehört.
Gibt es einen Unterschied zwischen Ihrer Kafka-Biographie und dem „wahren Leben des Franz Kafka“, also eine tiefere Wahrheit, die sich der sprachlichen Darstellung entzieht?
Ist das nicht bei jedem Menschen der Fall? Es gibt bestimmte Dinge, die man über einen anderen einfach nicht wissen kann. Kafka hat im Leben vermutlich Hunderttausende mündlicher Sätze hervorgebracht, und wie viele kennen wir davon? Vielleicht hundert. Das muss man sich in aller Bescheidenheit mal klarmachen. Alles, was ein Biograph tun kann, ist, bestimmte Muster aufdecken, intellektuelle zumal. Aber Kafka war im Alltag wahrscheinlich ganz anders, als man es sich auf den ersten Blick vorstellt. Wer nur die Tagebücher kennt, glaubt kaum, wie albern er sein konnte. Er hatte große Probleme, die psychische Balance zu halten, hatte oft Zwangsgedanken, Gewaltgedanken bis hin zu Zerstückelungsphantasien. Das alles durch bewusste Reflexion unter Kontrolle zu halten war anstrengend, und wenn sich die seltene Gelegenheit der Entspannung bot, ist er regelrecht regrediert. Wer so gefährdet ist wie er, lechzt nach jedem Moment, in dem andere die Fürsorge übernehmen.
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Woher rührt Ihre Kafka-Faszination?
Mich hat von Anfang an vor allem das Geheimnisvolle seiner Wirkung interessiert. Bei Thomas Mann und Musil ist es doch so, dass die Probleme, um die es in ihren Texten geht, sich allmählich historisch von uns entfernen. Eheprobleme, wie sie bei Schnitzler vorgeführt werden, oder beim frühen Thomas Mann die Nöte des Künstlers in der bürgerlichen Gesellschaft: das wirkt heute befremdlich, sogar komisch. Bei Kafka hingegen hat man das Gefühl, dass er auf einer Ebene operiert, wo die Geschichte gar nicht hinreicht oder sich Veränderungen doch wenigstens sehr viel langsamer abspielen.
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Das ganze Interview finden Sie hier