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Von blutenden Hostien, frommen Pilgern und widerspenstigen Nonnen

Heiligengrabe zwischen Spätmittelalter und Reformation

Im frühen 16. Jahrhundert verstärkten und vervielfachten sich die religiösen Interessen. Das Bedürfnis, am Heil körperlich Anteil zu haben­, führte zur Intensivierung des Wallfahrtswesens. Auch das 1287 gegründete Kloster Heiligengrabe versuchte, daran zu partizipieren, und schuf eine »alte« Gründungslegende.

Verlag Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte
ISBN 9783936872590
2005

Erscheinungsdatum: 01.09.2005 . 2. 2., Aufl. . 135 Seiten. 21 x 14.8 cm . Paperback .

Softcover

lieferbar innerhalb von 10 Werktagen
Über den Artikel
Im frühen 16. Jahrhundert verstärkten und vervielfachten sich die religiösen Interessen. Das Bedürfnis, am Heil körperlich Anteil zu haben­, führte zur Intensivierung des Wallfahrtswesens. Auch das 1287 gegründete Kloster Heiligengrabe versuchte, daran zu partizipieren, und schuf eine vorgeblich »alte« Gründungslegende. Dabei griff man auf das Stereo­typ des jüdischen Hostienfrevels zurück, das bereits kurz zuvor im mecklenburgischen Sternberg und in Brandenburg tödliche Folgen für die kleinen Gruppen noch geduldeter Juden gehabt hatte. Der repräsentative Neubau der Heiliggrabkapelle, mit dem sich das Kloster­ schließlich als Wallfahrtsort präsentierte, ermöglichte auch die Erneuerung der Klosteranlage. Leider gingen die Schätze der Wallfahrt und die einst reiche mittelalterliche Ausstattung nach der Reformation und mehreren Bränden verloren; nur einige der 1532 entstandenen Legen­dentafeln geben bis heute Zeugnis von den damaligen Vorstellungen. Aus dem nahegelegenen Annenwallfahrtsort Alt Krüssow haben sich dagegen zahlreiche mittelalterliche Skulpturen erhalten, die eine reiche Stiftungstätigkeit belegen. Am eindrucksvollsten aber ist die dortige Wallfahrtskirche selbst. Auffällig ist ihr repräsentativer Ostgiebel. Er folgt dem der Grabkapelle von Heiligengrabe und wiederholt wie dieser und die Giebel weiterer Kirchen an den Pilgerwegen das Vorbild des Südgiebels der Wallfahrtskirche in Wilsnack. Sie alle sind gleichsam Wegweiser der Wallfahrt und somit Zeugnisse religiöser Mobilität, und zugleich belegen sie die technischen Möglichkeiten des jeweils tätigen Baubetriebs.