Vor 100 Jahren begann der Genozid an den Armeniern.
Deutschland strebte mit dem Ersten Weltkrieg die Vorherrschaft im Orient an und zog dazu seinen Bündnispartner Osmanisches Reich in den Krieg hinein. Dessen Armee wurde von deutschen Militärs geleitet, die alle Armenier im Land als Spione und Verräter ansahen, da diese angeblich mit dem russischen Feind kollaborierten. Aus der eingeleiteten Umsiedlung der armenischen Bevölkerung in Richtung syrische Wüste wurde von türkischer Seite schnell ein Völkermord. Ihm fielen mehr als eine Million Menschen zum Opfer, was die deutsche Regierung als hart, aber nützlich akzeptierte. Bedenken von Diplomaten und Kirchenvertretern wurden beiseite gewischt. Jürgen Gottschlich ist an die Orte der damaligen Ereignisse gereist, hat Nachkommen der betroffenen Familien befragt sowie deutsche und türkische Archive durchforscht. Entstanden ist eine spannende historische Reportage, die die ganze Dimension der deutschen Verstrickung in den Genozid offenlegt und die Auseinandersetzungen um dieses umstrittene Geschehen bis in die Gegenwart verfolgt.
Autorenportrait:
Jürgen Gottschlich, geboren 1954, Studium der Philosophie und Publizistik in Berlin; 1979 Mitbegründer der taz, bis 1993 dort als Journalist tätig, vor allem in der Außenpolitik, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur; ab 1980 regelmäßig Reportagereisen.
Rezension:
Gottschlich zeichnet die Entwicklung der deutsch-türkischen Waffenbrüderschaft von ihren Anfängen in den 1880er Jahren bis zum bitteren Ende, bis zur Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg nach. Er untersucht das Kalkül auf deutscher wie jungtürkischer Seite. Und er stellt wichtige, vom imperialistischen Zeitgeist geprägte Akteure vor, die den Krieg im Orient vorantrieben, um deutsche Interessen durchzusetzen, politische und ökonomische. Sibylle Thelen, Stuttgarter Zeitung